Nur Kooperation schafft echte Sicherheit. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Die Diskussion zur Nationalen Sicherheitsstrategie läuft an. Außenministerin Baerbock spricht von Schutz vor Krieg und Gewalt, von Sicherheit durch freiheitliche, demokratische Rechte und von der Sicherung unserer Lebensgrundlagen. Dies ist ein durchaus breiter Sicherheitsbegriff, ausgerichtet auf den Menschen und die proaktive Gestaltung von Zukunft. Nicht nur Sicherheit vor, sondern auch für etwas. Doch geprägt wird der Diskurs von Russlands Angriffskrieg in der Ukraine und dem Verhältnis zu China, von der Sicherheit Deutschlands und Europas durch Abwehr von Gefahren primär in Formen von Verteidigung und Grenzziehung.
Willy Brandts Ausführungen zu einer Weltinnen- und Friedenspolitik in den 1970/80er Jahren gewinnen wieder an Aktualität: Die globalen Herausforderungen – Klimawandel, weltweite Gesundheits-, Ernährungs- und Schuldenkrisen sowie globale Machtverschiebungen und die Krise des Multilateralismus – sind zu vielseitig, zu universell und zu dynamisch, als dass sie durch eine weitgehend auf Abwehr und Verteidigung zielende Logik bewältigt werden könnten.
Vielmehr gilt es, gemeinsame Zukunft und Sicherheit in Formen der Kooperation zu entwerfen und mit politischer Gestaltungsmacht zu füllen. Ohne das Schmieden verlässlicher strategischer Allianzen über Europa und die G7-Länder hinaus können Frieden und Sicherheit auch für Deutschland nicht gewahrt werden. Dies bedarf gemeinsam definierter Handlungsfelder und von gegenseitigem Respekt und Glaubwürdigkeit geprägter Partnerschaften mit Ländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas, großen Schwellenländern genauso wie Hoch- und Niedrigeinkommensländern.
Eine solche, auch im globalen Dialog miteinander entwickelte, Strategie für Deutschland und Europa in der Welt würde einer primär auf Gefahrenabwehr ausgerichteten nationalen Sicherheitsstrategie eine Kooperationsstrategie für das globale Gemeinwohl an die Seite stellen: gestaltet als Suchprozess, mit den durch die Weltgemeinschaft 2015 gemeinsam beschlossenen Zielen nachhaltiger Entwicklung als Orientierung, respektvoll gegenüber global vielfältigen Zukunftsvorstellungen, solidarisch und gleichzeitig geleitet von demokratischen, freiheitlichen und emanzipativen Werten.
Die Autorin ist Direktorin des German Institute of Development and Sustainability (IDOS) und Professorin der Universität Bonn.