Die Antarktis - Kontinent, Ozean und Laboratorium des Anthropozäns

30. Januar 2024 | 18:15-19:45 Uhr | Hörsaal III, Hauptgebäude Universität Bonn

Weit entfernt und fast unbewohnt, aber zunehmend bedeutend in der internationalen Politik: Die Antarktis. Die Antarktis besteht nicht nur aus Eis, sondern aus Landmasse, die von Eis bedeckt ist: Es handelt sich um den südlichsten Kontinent der Welt. Und ebendieser Kontinent ist nicht nur im Kampf gegen den Klimawandel ein unabdingbarer Baustein. Zudem hat das bisherige „Niemandsland“ aufgrund der vermuteten Rohstoff­vorkommen das Potenzial, sich mittel- und langfristig zu einer geopolitischen Arena zu entwickeln.
Denn die bevorstehende Eisschmelze in Folge des Klimawandels weckt aufgrund der vermuteten Rohstoffe bereits neue Begehrlichkeiten. Über die Arten der Bodenschätze, wie auch ihre Qualität und Quantität, gibt es allerdings statt gesicherter Berechnungen bisher nur Vermutungen. Grund ist zum einen die Vereisung des Kontinents und zum anderen das Verbot des Rohstoffabbaus durch den Antarktis-Vertrag. Dennoch gerät die Antarktis zunehmend in den Fokus der weltpolitischen Akteure des 21. Jahrhunderts. Der Grund: Im Gegensatz zum Arktischen Rat ist die Antarktis kein geschlossener Club: Jeder Staat, der eine Forschungsstation auf der Antarktis betreibt, bekommt ein Stimmrecht im Antarktisrat. Dies ermöglicht eine breitere Teilnahme. Die drei Akteure, die aufgrund ihres Engagements in der Antarktis herausstechen, sind die USA, China und Russland.
Vor allem China stärkt das Engagement in der Antarktis: Das Land verfügt über vier Forschungsstationen, eine fünfte ist gegenwärtig im Bau. Ein Großteil der chinesischen Aktivitäten findet im ostantarktischen Sektor statt, in dem auch die meisten Forschungsstationen liegen. Dieses Gebiet ist strategisch relevant, da viele Ressourcen wie Eisenerz vermutet werden. Auffällig ist, dass die chinesischen Stationen eine Art Korridor vom Südpol bis zur Küste der Ostantarktis bilden. Die Volksrepublik wird immer wieder für mangelnde Transparenz bei der Berichterstattung über ihre antarktischen Aktivitäten kritisiert. So verschleiert das Land etwa den Einsatz seines Militärs für vermeintlich wissenschaftliche Projekte und verletzt mutmaßlich internationales Recht. Das Land nutzt zudem viele Satelliten, die neben zivilen Zwecken potenziell auch für das Militär von großem Nutzen sein können. Ökonomisch ist die Antarktis für China wegen des Krillfangs und der vermuteten mineralischen Rohstoffe lukrativ. China zeigt sich interessiert an Investitionen in der Hafenstadt Ushuaia und lockt das hoch verschuldete Argentinien mit vermeintlich lukrativen Angeboten. Die Volksrepublik benötigt solche Häfen als logistisches Eintrittstor, um Ambitionen in der Antarktis umzusetzen. Die Antarktis ist für China ein wichtiger Baustein im Streben zur Weltmacht bis 2049. Und nicht zuletzt im Wettbewerb mit dem Westen.
Der sechste Kontinent ist zudem bis heute ein Beispiel für Frieden – auch dank des Antarktisvertrags aus dem Jahr 1959. Dieser gilt als erster Rüstungskontrollvertrag aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch die Zeit des friedensstiftenden Antarktisvertragssystems könnte ablaufen. Deutschland und Europa sollten darauf vorbereitet sein und die Antarktis als Gemeingut der Weltgemeinschaft und Symbol von Stabilität und Nachhaltigkeit erhalten.
Dazu gehört auch der Einsatz für den Erhalt der einzigartigen Natur in der Antarktis. Denn die Auswirkungen des Klimawandels werden in der Antarktis wirtschafts- und sicherheitspolitische Folgen haben. Zudem ist bereits heute die Vielfalt der mehr als 8.000 Tierarten in der Antarktis bedroht. Besondere Bedeutung kommt dem Krill zu: Ohne ihn wäre das gesamte antarktische Ökosystem in Gefahr. In den vergangenen 40 Jahren ist der Krillbestand um 70 bis 80 Prozent zurückgegangen. Dies liegt zum einen an dem Meereisverlust, der zu einer Versauerung des Ozeans führt. Anderseits führt die Überfischung in der Antarktis zu einem Schrumpfen der Fischbestände. Nicht zuletzt auch ein Resultat des organisierten und teils illegalen Fischens beispielsweise durch chinesische Trawler.


Programm

Vortrag:

Inga von der Stein,

Redakteurin und Politikwissenschaftlerin, Berlin

 

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