05. Dezember 2024

CASSIS-Senior Fellow Prof. Dr. Heinemann-Grüder zur Radikalisierung russischer Milieus in Deutschland Prof. Dr. Heinemann-Grüder für das Netzwerk Extremismusforschung in Nordrhein-Westfalen

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine diskutiert die deutsche Gesellschaft über die militärische Unterstützung der Ukraine, die Integration von über eine Million ukrainischer Geflüchteter sowie den Umgang mit Moskau. Es geht dabei nicht allein um die politischen und militärischen Abwägungen einer Befähigung der Ukraine zur Selbstverteidigung und die Integration Geflüchteter. Die Debatte kreist auch um die Frage, inwiefern der Krieg in der Ukraine und die russische Einflussnahme auf russischstämmige Menschen zu einer Radikalisierung führt. Die Einmischung Moskaus in Wahlkämpfe in den USA und Europa sowie von Russland gesteuerte Hackerangriffe nähren zudem die Sorge, Moskau könne russischsprachige Bevölkerungsgruppen in Deutschland radikalisieren, um über sie politischen Einfluss zu nehmen, sie zu mobilisieren oder gar zu rekrutieren.

Prof. Dr. Heinemann-Grüder in einem Kurzgutachten zur Radikalisierung russischer Milieus in Deutschland
Prof. Dr. Heinemann-Grüder in einem Kurzgutachten zur Radikalisierung russischer Milieus in Deutschland © core-nrw
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Auf der Grundlage verschiedener Theorieansätze wirft Prof. Dr. Heinemann-Grüder einen differenzierten Blick auf die russischsprachige Bevölkerung in Deutschland. Das Kurzgutachten schlüsselt dezidiert auf, welches die Leitnarrative der russischen Propaganda sind und woraus sich die Nachfrage nach diesen Erzählungen speist.

So sei die russischsprachige Bevölkerung in Deutschland aufgrund historischer, rechtlicher und biographischer Kontexte sehr heterogen und daher in unterschiedlichen Abstufungen und Dimension für die Propaganda Moskaus empfänglich. Diese Empfänglichkeit für bestimmte Narrative sei zunächst latent und diffus, aber noch kein hinreichender Beleg für eine potenzielle Radikalisierung, so Heinemann-Grüder. So verfangen die Narrative nicht in allen Teilen der russischsprachigen Bevölkerung und auch dann nicht in gleicher Weise. Daraus folgen Erläuterungen, über welche Kanäle die russische Propaganda in Deutschland gestreut wird, wen diese Kanäle erreichen und welche Akteur:innen und Netzwerke dahinter stecken. In den virtuellen wie realweltlichen Netzwerken spielen Putin-treue Akteur:innen ebenso eine zentrale Rolle wie von Moskau gesteuerte Organisationen, deren Ziel die Verbreitung der putinschen Ideologie der „Russischen Welt“ sowie die Mobilisierung von Anhänger:innen ist. Auch militante Clubs wie die „Nachtwölfe“ oder Kampfsportclubs müssten dabei verstärkt in den Blick genommen werden, so Heinemann-Grüder weiter. Aufgrund der ideologischen Nähe und gemeinsamer Feindbilder finde die russische Propaganda in rechts- wie linkspopulistischen Milieus sowie in der rechtsextremen Szene starken Zuspruch und treffe hier auf großes Verbreitungs- und Mobilisierungspotenzial.

Prof. Dr. Andreas Heinemann-Grüder

Senior Fellow am Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS)

Senior Researcher am Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC)

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