30. November 2023

Nachruf auf Henry Kissinger Nachruf auf Henry Kissinger

Henry Kissinger im Alter von 100 Jahren verstorben.

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Henry_Kissinger_at_the_LBJ_Library_(2016).jpg © US Public Domain
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Henry Kissinger, geboren als Heinz Alfred Kissinger am 27. Mai 1923 in Fürth, war ein US-amerikanischer Politikwissenschaftler, Politiker der republikanischen Partei, Diplomat und geopolitischer Berater deutscher Herkunft. Er starb am 29. November 2023 in Kent, Connecticut.
 
Der Tod von Henry Kissinger ist ein großer Verlust für die ganze Welt, besonders aber für uns Deutsche. Henry Kissingers persönlicher Werdegang hat ihn zu einem Brückenbauer zwischen Europa und Amerika werden lassen. In seinen frühen Jahren hatte er seit der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahr 1933 mit seiner Familie leidvoll erfahren müssen, wie er und andere jüdische Mitbürger diskriminiert und verfolgt wurden. Im Jahr 1938 gelang ihm mit seinen Eltern Paula und Louis und seinem Bruder Walter die Emigration in die Vereinigten Staaten. Er wurde amerikanischer Staatsbürger und diente bei Kriegsende als Soldat in Europa. Als junger Wissenschaftler an der Harvard University, als Präsidentenberater und später als Nationaler Sicherheitsberater (1969-1975) und Außenminister der Vereinigten Staaten (1973-1977), sowie bis zuletzt als einflussreicher Ratgeber, Stratege und „elder statesman“ erwarb er sich hohes Ansehen auf der ganzen Welt. Immer wieder hat er um Verständnis für Deutschland und die Sichtweise Europas geworben. Mit der Glaubwürdigkeit seiner Biografie und seiner Stimme hat er ganz wesentlich dazu beigetragen, dass das Vertrauen in Deutschland nach der politischen und moralischen Katastrophe des „dritten Reiches“ wieder wachsen konnte und dem freien Teil Deutschlands nach 1945 eine Bewährungsprobe geschenkt wurde.
 
Die Universität Bonn hat mit der Einrichtung der Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur im Jahr 2014 und der Etablierung des CASSIS in 2019 einen wichtigen Impuls zur Förderung des strategischen Denkens in Deutschland gegeben. Erster Inhaber der Henry-Kissinger-Professur war der ehemalige US-Botschafter James D. Bindenagel. Seit 2020 wird die Henry-Kissinger-Professur als reguläre Professur des Instituts für Politische Wissenschaften und Soziologie durch Ulrich Schlie wahrgenommen. Henry Kissingers Wirken als Nationaler Sicherheitsberater und Außenminister der Vereinigten Staaten ist in der öffentlichen Diskussion und auch in der wissenschaftlichen Betrachtung durch die zeitgeschichtliche Forschung wiederholt Gegenstand von kontroversen Erörterungen gewesen. Dies ist mit Blick auf das Wirken von herausgehobenen Staatspersonen und Politikern an und für sich nichts Ungewöhnliches. Die Henry-Kissinger-Professur, das CASSIS und das Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie an der Universität Bonn stellen sich dieser Diskussion in ihrer Lehre und in ihrer Forschung und möchten auch hier im Austausch mit den Studierenden und den Fachkolleginnen und Fachkollegen einen weiterführenden Akzent setzen.

 

Prof. Dr. Volker Kronenberg        Prof. Dr. Wolfram Hilz        Prof. Dr. Ulrich Schlie        Dr. Enrico Fels

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